Wie bekommen Sie diese Halle voll, Herr Chatton? Von Christian Lomoth (Text) und Florian Petrow (Fotos)
Hannover – das ist mehr als Maschsee, Messe und Herrenhausen.
Hannover ist speziell. In der Serie „NP-Stadtgespräch“ gehen wir mit
Menschen dieser Stadt an für sie ganz besondere Orte. Wir wollen
Hannover dort sehen, hören und begreifen. Heute: Mit Benjamin Chatton, Geschäftsführer der Tui-Arena und der Recken, unterwegs in den Katakomben der Tui-Arena.
(Alle Videos: Felix Peschke filmklar.de)
Was haben Sie denn beim ersten Mal gefühlt, als Sie in der Halle hier standen? Das war 2011, als wir das erste Heimspiel in der Arena gegen Eintracht Hildesheim vorbereitet haben. Der erste Eindruck ist natürlich: Das ist groß, hoch und breit. Alles so viel größer als in der Swiss-Life-Hall. Das war schon sehr imposant.
Imposant trifft es immer noch. Wir stehen in der völlig leeren Tui-Arena. An den Treppenaufgängen leuchten blaue Lichter, das Licht ist schummrig, die Dimensionen gewaltig.
Benjamin Chatton ist inzwischen nicht nur der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten, sondern seit Februar eben auch der Chef der Arena. Und in dieser Funktion sieht der 36-Jährige die Halle natürlich lieber, wenn sie voll ist.
Benjamin Chatton erzählt von den Anfängen...
Haben Sie eine Zielmarke bei der Auslastung? Nein, aber wir wollen uns natürlich verbessern und unser Angebot kontinuierlich ausbauen.
Wie hoch ist denn die Auslastung? Wir hatten im vergangenen Jahr rund 60 Veranstaltungstage. Die Halle ist häufig jedoch länger gebucht. Wie zum Beispiel zuletzt bei Helene Fischer. Das waren fünf Konzertabende, aber die Halle war insgesamt fast zwei Wochen vermietet. In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich knapp darüber liegen.
Wie hoch ist denn die Auslastung? Wir hatten im vergangenen Jahr rund 60 Veranstaltungstage. Die Halle ist häufig jedoch länger gebucht. Wie zum Beispiel zuletzt bei Helene Fischer. Das waren fünf Konzertabende, aber die Halle war insgesamt fast zwei Wochen vermietet. In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich knapp darüber liegen.
Und wie bekommen Sie die Halle voll?
Wir wollen zum Einen natürlich gerne mehr große Acts holen, die Konzertanzahl in Zusammenarbeit u.a. mit Hannover-Concerts insgesamt erhöhen. Aber in dem Segment ist der Markt sehr begrenzt, die Konkurrzenz zu anderen Hallen groß und nicht in jedem Veranstaltungsjahr sind ausreichend Künstler auf Tour, die unsere Arena nutzen wollen.
Wenn es um die ganz großen Stars geht, haben z.B. Hamburg oder Berlin Vorteile, da ist Hannover leider häufig nur ein B-Standort. Diese Spielregel werden wir nicht ändern können, daher wollen wir uns in anderen Bereichen positionieren.
In welchen?
Wir wollen perspektivisch die Möglichkeit haben, die Arena nohc besser der Nachfrage anzupassen, wie zum Beispiel durch Vorhänge die Kapazität optisch zu verringern - dies auf fast jede gewünschte Größe. Somit kommen wir auch für Veranstaltungen in Frage, welche eine gewisse Kapazität ffür die Veranstaltung selbst benötigen, jedoch nicht über 10.000 Zuschauer generieren. Auch Firmenveranstaltungen, kleinere Messen oder gemeinsame Veranstaltungen mit unseren Nachbarn sind bisher noch nicht vollständig erschlossen. Wir haben den großen Vorteil, dass wir über eine Grundinfrastruktur verfügen, welche mit wenig Aufwand genutzt werden kann.
Die Halle ist 17 Jahre alt – sind da schon große Erneuerungen nötig?
Grundsätzlich nicht, jedoch ist eine Immobilie in dieser Größe permanenten Veränderungen unterworfen. Wir müssen uns zum Einen dem Markt immer wieder anpassen, die Technik macht Fortschritte, ebenso wie steigende bauliche Anforderungen und zum Anderen gibt es natürlich laufend notwendige Reparaturen. Die sichtbarsten Neuerungen sind sicher das plakative LED-Fascia Bord an den Zuschauerrängen und der große neue LED-Würfel unter dem Hallendach. Wir haben zudem gerade die blauen Notfallleuchten an den Treppen ausgetauscht, das sind mal schnell 1.500 Stück. Im Eingangsbereich haben wir die Zugangskontrolle erneuert sowie das Kassensystem den Anforderungen angepasst. Beide Abläufe werden dadurch unter anderem zeitlich optimiert.
Wie viele Mitarbeiter gehören zur Arena?
Wir sind ein relativ kleines Team mit momentan neun Mitgliedern. An Veranstaltungen sind natürlich viel mehr Menschen in der Arena beschäftigt.
Kann Hannover Deutscher Meister werden? Jede Mannschaft kann Meister werden. Aber die Chance ist deutlich höher, dass wir den Titel nicht holen werden. Es macht auch wenig Sinn uns damit zu beschäftigen, wir wollen einfach immer das nächste Spiel erfolgreich gestalten. Es ist im Spitzensport allgemein und auch Handball so: Die wirtschaftliche Situation gibt die sportliche Perspektive vor.
Raus aus der Kabine, wieder einen
langen Gang entlang, bloß nicht den Anschluss verlieren und sich
verlaufen. „Das kann dauern, bis hier mal wieder einer vorbei kommt
und einen findet“, sagt Chatton lachend. Die nächste
Brandschutztür geht auf, wir stehen vor Kabine 500 der
Backstagebereich für die Künstler, zuletzt für Superstar Helene
Fischer. Ernüchternd weiß, nur ein Tisch steht drin, fensterlos,
von Pomp keine Spur.
Das haben wir uns ehrlich gesagt anders vorgestellt.
Dieser Bereich wird bewusst neutral
gehalten, denn jeder Künstler hat eigene Wünsche und dafür wird
alles immer wieder ausgerichtet. Da kann es dann sein, dass die Wände
mit roten Gardinen abgehängt werden oder das drei-vier Playstation
aufgebaut werden. Manchmal steht hier ein Korb mit Obst oder auch mal
eine Kiste Bier. Das wird in der Regel zwischen Veranstalter und
Künstlermanagement vorab abgesprochen und dann passgenau umgesetzt.
Wie ist denn Helene Fischer so?
In der Zeit bei uns war sie zwar
angespannt aufgrund des Tourstarts, aber auch extrem herzlich zu
Ihrem Umfeld. Sie ist wie ein Teamkapitän, sorgt sich um alle
Teammitglieder, übernimmt aber
Verantwortung und geht vor allem mit Leistung voran. Wirklich sehr
sympathisch. Wir haben uns zuletzt in diesem Raum kurz vor dem
letzten Konzert getroffen.
Im Jahr 2000 wurde die Arena zur Expo eingeweiht. Bis heute finden dort regelmäßig Großveranstaltungen statt.
17 Jahre Tui-Arena
Auf welchen Star freuen Sie sich denn?
Auf welchen Star freuen Sie sich denn?
Für mich ist das alles noch spannend,
ich bin doch immer noch neu dabei und erlebe viele Künstler zum
ersten Mal. In diesem Jahr freue ich mich u.a. auf Marius
Müller-Westernhagen, mit dem bin ich musikalisch groß geworden, das
wird ein gutes Konzert werden.
Müssen Sie jetzt auch Autogramme für
Freunde besorgen?
Logisch gibt es Anfragen,
gerade bei Helene Fischer hatte ich meinen
Bekanntenkreis anscheinend unterschätzt…
Wieder raus, Treppen rauf und runter.
Es ist verwirrend. Gut, dass sich der Chef so gut auskennt. Durch
eine große Halle, die für Anlieferungen genutzt wird. In der Halle
ist inzwischen ein Arbeiter – der erste, der die
Carmen-Nebel-Fernsehsendung vorbereitet. Plötzlich eine große
Kabine, die früher von den Eishockey-Scorpions genutzt wurde. Jetzt
ist sie voller Recken-Utensilien, Bierkisten stehen ebenfalls noch
herum. Der Raum kann von Firmen oder Gruppen gemietet werden – für
eine kleine Party vor und nach dem Spiel. Dann nach oben in den
Eingangsbereich. Dort zertrümmern Arbeiter gerade ein Mittelrondell.
„Wir wollen das hier ein bisschen luftiger gestalten. Und dieses
Rondell hat niemand genutzt, da lagen höchstens Flyer drauf.“ Dann
raus auf die leere Expo-Plaza.
Waren Sie vor 17 Jahren auch hier?
Zur Expo? Ja, da habe ich gerade Abi gemacht. Da war hier draußen aber so viel los, so dass ich nicht in der Arena war.
Wie entspannen Sie sich eigentlich von
den zwei Geschäftsführer-Jobs?
Ach, mir geht‘s gut, wenn der Erfolg
da ist. Ansonsten entspanne ich gerne bei und mit meiner Familie –
wobei das natürlich auch relativ ist mit zwei Jungs, die zwei und
fünf Jahre alt sind.
Einweihung im Jahr 2000 47 Tage vor Beginn der Weltausstellung in Hannover wurde am 15.04.2000 die damalige Preussag-Arena in der niedersächsischen Landeshauptstadt eingeweiht. 12.600 Besucher verfolgten in damals Deutschlands modernster Halle den WBO-Boxkampf zwischen Dariusz Michalczewski und Graciano Rocchigiani und das damit verbundene Rahmenprogramm.
Daten und Fakten
Maße: 128 Meter lang, 115 Meter breit, 34 Meter hoch (25 Meter über EXPO-Plaza-Niveau)
Bruttogeschossfläche: 50.000 m² inkl. Tiefgarage
Umbauter Raum: 425.000 m² inkl. Tiefgarage
Aktionsflächen: Das Grundmaß besteht aus einem
genormten Eishockeyfeld 30 m x 60 m (ca. 1.754 qm). Dieses Grundmaß
lässt sich durch Einschieben der verfahrbaren Tribünen auf eine Fläche
von 38 m x 76 m vergrößern (ca. 2.500 m²)
max. Veranstaltungsfläche: Halleninnenraum: ca. 3.000 m² zzgl. 20.400 m² Publikumsbereich in den Foyers auf vier Ebenen
Bühne: bis max. 400 m², Endbühne, Centerbühne, TV-Showbühne
Entwurf: Architekturbüro Dr. Helmut Sprenger, Hannover
Projektmanagement: G.Plan, Generalplanung und Projektmanagement GmbH
Bauzeit: 21 Monate, Fertigstellung April 2000
Kosten: rund 138 Mio. DM / 70 Mio. €
Premiere: WM-Boxkampf Michalczewski gegen Rocchigiani am 15.04.2000
(Quelle Tui-Arena)
www.tui-arena.de